Der „letzte Mohikaner"?

Wenn man sich die Rückseite des aktuellen Gemeindebrief des Gruppenpfarramtes genau ansieht, kann man viermal lesen: zur Zeit vakant. Lediglich die Pfarrstelle Stumpertenrod ist besetzt. Zuständig dort ist Pfarrer Manfred Benz. Die Tatsache, dass momentan vier Pfarrstellen unbesetzt sind, hat Pfr. Benz bewogen, in Anlehnung an einen Roman des amerikanischen Schriftstellers James Cooper, in dem dieser den Untergang der nordamerikanischen Indianerstämme durch die vorrückenden europäischen Siedler thematisiert, seine Beschreibung der personellen Situation im Gruppenpfarramt mit "Der letzte Mohikaner?" einzuleiten. Wichtig ist das Fragezeichen, welches im Originaltitel von Cooper nicht auftaucht. Warum? Lesen sie selbst.

Der „letzte Mohikaner"?

Wer mich kennt, weiß auch, dass ich gerne ironisch bin. Sollte ich zwar als Pfarrer nicht sein, aber was soll ich machen, ich komme dagegen nicht an. Wenn ich also gefragt werde: „Gibt's noch immer keine Pfarrer im Gruppenpfarramt?" antworte ich manchmal (nicht immer, nicht jeder versteht Ironie): „Und was ist mit mir?" Ich bin nicht mehr ganz neu, aber doch immerhin noch da, Euer Gnaden!

Zweitens: Ich bin zwar der „letzte Mohikaner" des letzten Pfarrerinnen- und Pfarrerteams des Gruppenpfarramts, aber ich bin doch nicht der einzige Pfarrer! Die Pfarrer Sondermann (Frischborn) und Backwinkel-Pohl (Engelrod) wirken mit, Dekan Dr. Sauer (Aisfeld), Pfarrerin Rauch (Schwalmtal), außerdem mehrere Pfarrer im Warteoder Ruhestand: Dersch (Bad Salzschlirf), Meyer (Lauterbach), Helm (Alsfeld) und Schäfer (Schwalmtal). Und es gibt liebe Kolleginnen und Kollegen, die mir helfen (und mich trösten).

Drittens, für Sie wichtig: Wenn Sie Ihr Kind taufen lassen oder kirchlich heiraten wollen oder einen lieben Angehörigen betrauern, ist jemand für Sie da. Trotzdem wird nicht alles sein wie gewohnt. Vielleicht müssen Sie ein- oder zweimal öfter telefonieren, vielleicht kommt der Patenschein erst nach Tagen, aber das halte ich für zumutbar.

Viertens: Was soll überhaupt diese Fixierung auf die Pfarrerin, den Pfarrer im „eigenen" Dorf? Es geht doch um Sie, liebe Gemeindeglieder (konkret: um Dich, der Du das hier liest!), Sie sind die Kirche! Ich sag' mal spitz: Wenn keiner (mehr) da ist, um mitzufeiern, mitzutun und sich zu engagieren, braucht auch kein Pfarrer (mehr) da zu sein.

Tja, und fünftens hoffe ich natürlich auch darauf, dass bald „Neue" kommen. Jung, klug und schön sollten sie sein, gut predigen und Menschen trösten können, immer Zeit haben, die Alten besuchen, das Licht anlassen ... Ach ja...

Pfarrer Manfred Benz